Maxim Brilinsky
WIENER MUSIK-GESCHICHTE IM GRUNDLEGENDEN WANDEL
„Wien ist eine einzigartige Stadt, die schon immer ein Magnet für viele Musiker*innen war. Bei den Wiener Philharmonikern und an der Wiener Staatsoper spielen zu dürfen ist eine große Ehre“ sagt der Geiger Maxim Brilinsky über seine Wahlheimat. Geboren wurde er in Lemberg in der Ukraine, doch schon zum Studium zog ihn jener besagte Magnet in die „Hauptstadt der Musik“ an der Donau. Erst zum Studium, dann ins Orchester der Wiener Staatsoper und schließlich, seit dem Jahr 2011, zu den Wiener Philharmonikern.
Bisher hat er obendrein zwei Solo-Alben veröffentlicht. Auf der nun vorliegenden Aufnahme unter dem Titel „Viennese Transfigurations“ hat er drei echte Wiener Komponisten vereint: Alban Berg (1885-1935), Alexander Zemlinsky(1871-1942), sowie dem 1981 geborenen Thomas Wally, der als Substitut ebenfalls sehr häufig bei den Wiener Philharmonikern spielt. Die Musik dieser Aufnahme hat tatsächlich einen grundlegenden Wandel erlebt. Zwei der Bearbeitungen stammen sogar von Maxim Brilinsky selbst. Das Violinkonzert von Alban Berg erklingt hier in einer Formation für Violine, Kontrabass, Klarinette und Klavier. „Damit konnte man trotz der kleinen Besetzung ein ziemlich breites Klangspektrum erreichen“ erzählt Maxim Brilinsky über diese Arbeit, „der Kontrabass übernimmt seine Funktion als Fundament, aber auch als Soloinstrument. Die Klarinette und das Klavier wechseln sich beim thematischen Material und den Begleitstimmen ab. Die Violinstimme blieb unverändert, bis auf eine kleine Ausnahme am Ende.“ Die Zeit für diese Bearbeitung hatte der sonst viel beschäftige Musiker während des Lockdowns. „Es war für mich eine äußerst interessante, spannende, und faszinierende Beschäftigung, in der die Stunden wie Minuten vergingen. Diese Arbeit verursachte auf mich eine solch große Anziehungskraft, dass es oftmals schwer war, sich davon loszureißen“ berichtet er heute.
„Schon seit meiner Studienzeit war ich von Alban Bergs Violinkonzert fasziniert. Sowohl vom genialen Aufbau der Komposition als auch von den geigerischen und klanglichen Herausforderungen, die dieses Stück vom Spielenden abverlangt“ schwärmt Brilinsky, „deshalb steht es auch im Mittelpunkt der „Viennese Transfigurations„. So kam es, dass Maxim Brilinsky eines Tages die Aufgabe hatte, zusammen mit Stefan Neubauer an der Klarinette, Bartosz Sikorski am Kontrabass und Johannes Piirto am Piano Ausschnitte daraus live vor Publikum bei einer „Klingenden Werkseinführung“ im Gläsernen Saal des Wiener Musikvereins zu spielen. „Es war ein tolles Erlebnis und seit diesem Moment verfolgte mich der Gedanke, das gesamte Violinkonzert in der Violine-Klarinette-Kontrabass-Klavier-Besetzung aufführbar zu machen“ erklärt Brilinsky den Grundstein dieser Aufnahme. Die Kollegen dafür hatte er ja schon gefunden, jetzt galt es noch das Programm abzurunden und zu vervollständigen. Mit den zwei Stücken aus der Bühnenmusik zu „Cymbeline“ des Wiener Komponisten Alexander Zemlinsky wurde er fündig. „Ich wollte unbedingt diesen großen Meister würdigen, denn seine Musik ist – obwohl er ein so schweres Leben hatte – so großartig und von besonderer Bedeutung für die musikalischen Entwicklungen des 20. Jahrhunderts“ begründet er diese Wahl.
Wie so viele Musiker ist Maxim Brilinsky auch immer auf der Suche nach etwas Neuem und Aufregendem. Für einen weiteren Komponisten für diese Aufnahme musste er gar nicht lange suchen: „Ich schätze meinen Kollegen Thomas Wally sehr als einen wunderbaren Geiger, sehr netten und verlässlichen Orchesterkollegen, sowie als einen tollen Lehrer (bei dem ich auch einige Stunden Privatunterricht im Bereich des Kontrapunktes und der klassischen Vokalpolyphonie nahm). Darüber hinaus ist er ein sehr erfolgreicher Komponist. Vor einigen Jahren erschien eine Portrait-CD mit seinen Werken und schon beim ersten Hineinhören haben mich die „transfigurations“ besonders interessiert.“ Und somit konnte diese Aufnahme nicht nur um ein neues, spannendes Werk erweitert werden, auch der Name floss gleich in den Titel des Albums mit ein. Die Bearbeitung für die Quartettbesetzung übernahm Wally natürlich höchst persönlich und schuf somit fast ein komplett neues Werk. „Ich bin sicher, dass diese Musik einen wichtigen Platz in der Musikgeschichte einnehmen wird“ ist sich Maxim Brilinsky sehr sicher. Um den Bogen über das gesamte Album spannen zu können, endet es, wie es begonnen hat: mit der Musik von Alban Berg. Als letztes Stück ist das berühmte „Adagio“ aus dem Kammerkonzert zu hören (auf dieser Aufnahme mit einem von der Musikwissenschaft diskutiertem, alternativen Schluss), welches Alban Berg selbst bearbeitet hat.
Die Wiener Musikgeschichte ist also stetig im Wandel und öffnet dem Zuhörenden so manch neue Dimension. „Ich freue mich besonders, wenn wir mit dieser Einspielung eine neue Form der Kammermusik kreieren konnten!“ wünscht sich Maxim Brilinsky.
Maxim Brilinsky – Violine
Stefan Neubauer – Klarinette
Bartosz Sikorski – Kontrabass
Johannes Piirto – Piano