Anouchka & Katharina Hack
SCHWESTERLICHKEIT
Auf diesem Album geht es um Verbundenheit, um die Macht des Zusammenhaltes, oder ganz einfach um die unumstößliche Tatsache, dass Menschen zusammen viel mehr erreichen können als allein. Anouchka und Katharina Hack sind Schwestern. Seit ihrer frühen Kindheit spielen sie zusammen Musik. Katharina, die anderthalb Jahre ältere Schwester entschied sich für Klavier, Anouchka folgte dem Vorbild des Vaters und spielt Cello. Schon seit mehr als 10 Jahren gastieren sie auf großen Konzertbühnen und Festivals als Duo. Die Tatsache, dass sie Geschwister sind, sich gegenseitig in und auswendig kennen, einander blind vertrauen und verstehen, hat sie so erfolgreich gemacht. Diesem übermächtigen Gefühl widmen sie mit dem Programm „Alle Menschen werden Schwestern“ ein ganzes Album.
Es ist ein kluges und starkes Programm, das sich die beiden Musikerinnen ausgedacht haben. Und es beginnt mit einem Meisterwerk der ukrainischen Komponistin Marina Baranova. Sie hat sich auf Wunsch der Schwestern von Beethoven und Schiller inspirieren lassen und die „Ode an die Freude“ weiterentwickelt. Ursprünglich war ein Stück von drei bis vier Minuten Länge geplant – „es ist dann zu unserem Glück mehr als doppelt so lang geworden, da Marina so von diesem Thema inspiriert war“, freuen sich die Beiden. Deswegen befinden sich sowohl die längere als auch die kürzere Version des Stückes auf dem Album. „Sie hat sich komplett auf uns, unser Spiel und unsere Idee eingelassen. Genau so etwas wollen wir spielen – ein Stück, das sich emotional sehr unmittelbar mitteilt.“ Angelehnt an das Programm und den Originaltitel heißt dieses Stück „Alle Menschen werden Schwestern“ und gibt gleichzeitig dem ganzen Album eine Überschrift.
„Was wir an unserer Verbindung als Schwestern so schätzen, ist die Bedingungslosigkeit“ erklärt Anouchka Hack. „Wir teilen nicht nur Musik als unsere Sprache, sondern auch unsere biologische – und künstlerische – DNA. Als Schwestern sind wir zu einem gemeinsamen, oft von uns selbst gespielten Soundtrack aufgewachsen, der unsere Art, Musik zu machen, und unser Leben prägt und uns ganz ohne Worte und auch über beliebige Entfernungen hinweg miteinander verbindet.“ Ihre Schwester Katharina ergänzt: „Klang und die Suche nach einem ganz eigenen, besonderen Klang, nach einer eigenen Stimme mit dem Instrument, war in unserer Familie immer ganz wichtig. Wir haben viele Jahre zusammengespielt und dabei unseren einzigartigen Duo-Klang entwickelt.“
Um dieses gemeinsame Klang-Gefühl geht es auch bei den weiteren Werken des Albums. Mit den Schwestern Nadia und Lili Boulanger fühlen sie sich musikalisch, aber auch emotional verbunden. Die Liebe, die diese beiden wunderbaren Komponistinnen füreinander empfunden haben, können auch Anouchka und Katharina Hack nachfühlen. Bei den Werken der Geschwister Fanny und Felix Mendelssohn hingegen ist die Betrachtungsweise schon etwas differenzierter. Hätte Felix Mendelssohn seiner Schwester nur mehr Vertrauen geschenkt und ihr den Erfolg gegönnt! Dennoch war auch die Liebe dieses Geschwisterpaares untereinander unumstößlich.
Das blinde Vertrauen und das gegenseitige musikalische Verständnis demonstrieren Anouchka und Katharina Hack auch immer wieder sehr gerne auf Konzerten, wenn sie dazu übergehen frei zu improvisieren. Inzwischen gehört das wie ein Ritual zu fast jedem Konzert dazu und wird sogar schon vom Publikum eingefordert. Jedes Mal ist es anders, ganz abhängig von der aktuellen Stimmung, dem Umfeld und der Situation. Zwei dieser Improvisationen sind auch während der Aufnahme entstanden und nun auf diesem Album vertreten. Andererseits beweisen sie mit den Solo-Werken wie Giovanni Sollimas „Lamentatio“ für Cello und Stimme und Lili Boulangers „Trois morceaux pour piano“, dass sie beide auch starke Einzelpersönlichkeiten sind, die voneinander profitieren können.
„Reiche mir die Welt auf einem silbernen Tablett, doch wofür wäre das gut? Wenn ich niemanden hätte, mit dem ich sie teilen könnte, mit niemandem, der mich wahrhaftig liebt“ lautet die sinngemäße Übersetzung des Songs „If I ain’t got you“ der US-amerikanischen Soulsängerin Alicia Keys. Anouchka und Katharina Hack haben diesen starken Song in ein Werk für Cello und Klavier umarbeiten lassen. Es drückt auch ohne Worte mit jedem Ton genau das aus, was sie füreinander empfinden. Ein Gefühl, das die Welt ganz sicherlich zu einem besseren Ort werden lassen würde, wenn noch mehr Menschen so füreinander empfinden, und wenn wirklich alle Menschen Brüder und Schwestern werden könnten. „Unser Bild von Schwesterlichkeit versteht die Menschheit als eins und die Gesellschaft als stark, wenn man alle in dieses Konzept mit einbezieht“, wird Katharina Hack im Booklet zitiert. Aus diesem zuversichtlichen Gefühl heraus stehen neben dem Lied von Alicia Keys die Werke „Morgen“ von Richard Strauss und „An die Hoffnung“ von Beethoven. Die Zuversicht wollen Anouchka und Katharina Hack auch nicht verlieren, denn für sie ist Schwesterlichkeit keine Frage der Gene.