Clemens Christian Poetzsch & Reentko Dirks
DIE SUMME DER EINZELNEN SAITEN
Alles ist im Fluss – so könnte man die Zusammenarbeit von Clemens Christian Poetzsch und Reentko Dirks beschreiben. Obwohl sie unabhängig voneinander an erfolgreichen Projekten beteiligt sind, haben sich die Wege des Leipziger Pianisten und Komponisten Poetzsch und des in Dresden lebenden Gitarristen und Komponisten Dirks seit einigen Jahren musikalisch immer weiter miteinander verbunden. Ihr organisches gemeinsames Schaffen führte nun ganz natürlich zum Debüt-Album “Collateral Flow”. Das Album wird am 26. April 2024 bei Neue Meister veröffentlicht und präsentiert eine Verbindung aus Gitarre und Klavier, die einen gänzlich neuen Klangkosmos eröffnet.
Ein Duo bestehend aus diesen zwei Saiteninstrumenten kann jedoch unbequem sein. Beide sind sowohl Melodie- als auch Harmonieinstrument und agieren im selben Register. Auf so engem Raum tritt man sich schnell auf die Füße, doch Clemens Christian Poetzsch und Reentko Dirks verschaffen sich Platz. Sie loten den Klangraum ihrer Instrumente neu aus, ohne den Sound des anderen zu überdecken. Reentko Dirks nutzt dafür beispielsweise die erweiterten klanglichen Möglichkeiten seiner teils bundlosen Doppelhals-Gitarre sowie seiner Baritongitarre. Kleines Silber (Track 4) ist eines der ersten Stücke, das sie für diese Besetzung arrangiert haben – eine Komposition von Clemens Christian Poetzschs Album „The Soul of Things“. Durch das rhythmische Spiel der Gitarre und die neue Tonart entsteht eine lichtdurchflutete, hellere Version. Collateral Flow basiert sowohl auf Kompositionen von Clemens Christian Poetzsch als auch von Reentko Dirks. „Ich erinnere mich an ein Solo-Stück von Reentko, gespielt auf einer präparierten Gitarre, das mich umgehauen hat. Die Gitarre klang wie eine gestimmte und schnell gespielte Trommel – so etwas hatte ich zuvor noch nicht gehört. Der Gedanke ließ mich nicht los, wie dieser einzigartige Klang mit den reinen und warmen Tönen des Klaviers zusammenpassen würde.“ beschreibt Clemens Christian Poetzsch die Entstehung von Veer (Track 6).
Zusammen schreiben die beiden Künstler seit Jahren Musik für Bühne und Film und teilen eine ausgeprägte Experimentierfreude. Wirklich zusammengeschweißt hat sie aber die gemeinsame Arbeit an dem Soundtrack zum tschechischen Blockbuster “Nationalstraße” (nach dem Besteller von Jaroslav Rudiš) vor fünf Jahren. Momentaufnahmen besonderer Situationen sind Ausgangspunkt ihrer eigenen Werke, ähnlich wie in der Filmmusik. „Entscheidender Unterschied war nun die Freiheit, keinen bildlichen Vorgaben mehr folgen zu müssen“, so Reentko Dirks. „In der Zeit, als Clemens und ich anfingen, zusammen Musik für das Album zu schreiben, stieß ich irgendwann auf ein Foto eines verlassenen Hauses. Die Zeit hatte ihre Spuren hinterlassen, die Natur hatte sich dieses einst herrschaftliche Haus fast vollkommen zurückgeholt. Der Soundtrack zu diesem Foto ist Pendulum“ (Track 7). Bei Tidewater (Track 3) symbolisieren Wellenbewegungen den Dialog zwischen Gitarre und Klavier. La Bicicleta Roja beschreibt die erste Kindheitserinnerung an das Gefühl von Freiheit. Und die sanften Töne von Riverine (Track 1) spiegeln die Stille eines morgendlichen Flussufers wider.
“Ein roter Faden in den Kompositionen ist die Improvisation – der stetige direkte Austausch von neuen Ideen. Dadurch bekommen die Stücke etwas Fluides und es gibt uns die Möglichkeit, den gemeinsamen Dialog auf der Bühne jedes Mal ein kleines bisschen anders zu führen. Wir wollen uns jedem Ort, jedem Publikum aufs Neue annähern – durch die Improvisation in der unmittelbaren Situation wird auch jedes Konzert ein bisschen anders sein.“ erläutert Clemens Christian Poetzsch. Ein Sinnbild für Bewegung und immerwährende Veränderung ist Reflexion (Track 2). Entstanden als Komposition für Solo-Klavier war es lange Teil des Repertoires der Band MASAA. Clemens Christian Poetzsch war bis 2019 Teil des preisgekrönten Ensembles. Nach seinem Ausstieg nahm Reentko Dirks seinen Platz ein. “Dieses Stück ist schon lange ein enger Begleiter und hat sich über diesen Zeitraum weiterentwickelt. Es nun mit Reentko zu spielen, fühlt sich an, als würde sich der Kreis schließen.”
Collateral Flow ist eine Einladung, in die Schönheit von Klang und Emotion einzutauchen und sich dem Sog der fließenden Musik hinzugeben. Ein hervorragendes Debüt zweier bemerkenswerter Künstler, die sich auf Augenhöhe begegnen. Bleibt zu hoffen, dass wir uns auf eine Fortsetzung freuen dürfen.
Wie viel Potential in ihrer Zusammenarbeit steckt, wird noch einmal klar, wenn man sich die Deluxe Edition von Collateral Flow anhört. Diese wird am 26. April 2024 auf Vinyl veröffentlicht und enthält zu den sieben ursprünglichen Stücken jeweils eine klanglich erweiterte Version. Die neuen Arrangements unterschiedlichster Instrumentierung erlauben einen spannenden, neuen Blick auf die Kompositionen und stammen von den musikalischen Wegbegleitern und Labelkollegen: Carolina Eyck, Marina Baranova, Sven Helbig, Cenk Erdoğan, Bjarke Falgren, Garreth Broke und Damian Marhulets.
„With their unique blend, the two musicians put the rare instrumentation of piano and guitar on the map of music“ (Martin Miller, Ibanez-Signature-Artist & Dozent an der HfM Dresen)
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- Fr Mai 10 2024Clemens Christian Poetzsch
Alte Kachelofenfabrik, Neustrelitz, Germany