Pianoduo EnsariSchuch
Auf der Suche nach der Ewigkeit in der Musik
Zehn Jahre nach seiner fesselnden Aufnahme „Invocation“ aus dem Jahr 2014 (V 5362), die unter anderem Werke von J. S. Bach, Franz Liszt, Olivier Messiaen, Tristan Murail und Maurice Ravel umfasst, kehrt der 1979 geborene, exzellente deutsche Pianist Herbert Schuch zum Label naïve zurück.
Herbert Schuch ist dafür bekannt, sorgfältig konstruierte und originelle Programme zu entwerfen. Hier präsentiert er mit seiner Duo-Partnerin Gülru Ensari sein neues Album „Eternity“. Er liebt ihre musikalische Spontaneität und sie schätzt sein Gespür für besondere Programme. Für das gemeinsame Musizieren als Klavierduo braucht es nicht nur musikalische Fähigkeiten, sondern auch fast „blindes“ gegenseitiges Vertrauen. Deswegen ist es kaum verwunderlich, dass Gülru Ensari und Herbert Schuch auch privat eine Verbindung haben: Beide sind seit 9 Jahren ein Ehepaar und haben eine gemeinsame Tochter. Zusammen sind sie eine ideale Konstellation, denn sie vereinen die Vorzüge verschiedener Welten: Herberts Kindheit in Rumänien, sowie Gülrus türkische Wurzeln – und können daher mit einer breiten Palette an musikalischen Farben aufwarten. Wie schon in ihren vergangenen Kooperationen mit dem SWR („Go East!“ 2017, „Dialogues“ 2018 und „In Search of“ 2022) mischen sie in dem neuen Programm „Eternity“ Werke für vier Hände und zwei Klaviere.
Mit „Eternity“ beleuchten die beiden das Thema „Ewigkeit in der Musik“ und suchen die Antwort auf viele Fragen: Wie erklärt sich Unendlichkeit? Welche Stücke lassen Raum und Zeit vergessen? Wartet hinter dem Tod die Erlösung oder das Nichts? Diesen essenziellen Fragen nähern sie sich über die Werke von Brahms, Schubert, Messiaen und Beethoven.
Es beginnt mit der f-Moll Fantasie von Franz Schubert, die zwischen unstillbarer Sehnsucht und Todesnähe pendelt. Danach folgen die ersten drei Auszüge aus Oliver Messiaens monumentalem Zyklus „Visions de l’Amen“. Er komponierte die Stücke im Jahr 1943 für zwei Klaviere und versuchte mit diesem Zyklus nichts weniger, als die Zeit anzuhalten. Sie dienen als grandiose und kontemplative Zwischenspiele.
Herbert Schuch wollte bei der Auswahl „eine musikalische Grenzerfahrung“ erreichen, „die sich zwischen Nacht und Licht, zwischen Chaos und himmlischer Schönheit“ bewegen sollte. Da passen die Variationen von Johannes Brahms, der das legendären „Engel“-Thema seines verehrten Freundes Schumann bearbeitet hat, natürlich hervorragend zum Programm. Es ist ein Werk, dem, ebenso wie der vorausgegangenen f-Moll Fantasie von Schubert, die Ahnung einer anderen Welt eingeschrieben ist. Wieder als Brücke zwischen den Welten folgen zwei weitere eindringliche Stücke aus Messiaens „Amen“ an zwei Flügeln. „Überirdische Musik, voller Farben wie in einem Gemälde von Marc Chagall“ beschreibt das Duo diese Musik.
Das Programm schließt mit der „Großen Fuge“ von Ludwig van Beethoven – ursprünglich für Streichquartett komponiert, die er kurz vor seinem Tod noch für Klavier vierhändig transkribierte. Dieses komplexe Werk fordert Pianisten wie Zuhörer gleichermaßen. Lange galt es als unspielbar und überforderte zu Beethovens Zeiten Publikum und Kritiker. „Es gibt Passagen, die fast wie eine Vorahnung einer Heavy-Metal Musik klingen, und kurz darauf wieder wie eine freie Jazz- Improvisation“, beschreibt das Duo den Charakter dieser Musik. Die Tatsache, dass Beethoven dieser Bearbeitung eine eigene Opuszahl gab, weist darauf hin, welche Bedeutung er ihr beimaß und dass er sie nicht nur als Bearbeitung, sondern als eigenständiges Werk betrachtete. Hier bleiben einige Momente erstaunlich modern, besonders in der vierhändigen Version, und erinnern an die Extravaganz der modernistischen Sprache Messiaens.
Es sind intime und nostalgische Werke auf diesem Album, die eine gewisse Eleganz des gemeinsamen Musizierens zelebrieren. Im Spiel zwischen zwei Jahrhunderten, mit vier bedeutenden Komponisten, deren Musik die Interpreten unablässig erforschen, verschwimmen die Zeitlinien und werden zur Ewigkeit.