Ragnhild Hemsing
Mit Røta, ihrem Debüt-Album bei Berlin Classics, präsentiert Ragnhild Hemsing auf der Geige und der Hardangerfiedel ihre norwegischen Wurzeln, thematisiert ihre Identität und die Verbindung zu ihrer musikalischen Erziehung. Zentral ist dabei der Kontrast der unterschiedlichen Klänge beider Instrumente sowie die Beziehung zwischen Klassik und norwegischer Volksmusik. Neben Werken bekannter norwegischer Komponisten hat Ragnhild Hemsing für Røta vier verschiedene Volksmelodien für Hardangerfiedel aus ihrer Heimat eingespielt.
„Ich finde es sehr interessant, das Repertoire von Komponisten zu kombinieren, die von der Volksmusik und den Traditionen ihrer jeweiligen Länder inspiriert wurden“, erklärt Hemsing die Auswahl der für dieses Album ausgewählten Werke. Ole Bull, Edvard Grieg, Johan Svendsen oder Johan Halvorsen sind norwegische Größen des 19. Jahrhunderts, deren Musik ihr das wohlige Gefühl von „zu Hause sein“ geben. Zusammen mit Mario Häring am Klavier und Benedict Kloeckner am Cello begibt sie sich auf die Reise durch ihre heimatliche Klangwelt.
Auch alle auf dem Album vertretenen Komponisten waren ihrer Heimat sehr verbunden und standen miteinander im Austausch. So diente Bull als Inspiration für Grieg, der wiederum eng mit Halvorsen und Svendsen befreundet war. Die Schönheit Norwegens, seiner Charakteristika und seiner Landschaft, ist deutlich in der Musik zu hören und zu spüren. Eine Reflexion der mystischen Natur drückt sich durch Griegs Lyrische Suite (Op. 54) aus, mit Erinnerungen an sanfte Nächte, an Wanderungen und schließlich dem Marsch der Trolle.
Halvorsen, der die Hardangerfiedel selbst gut beherrschte, war eng vertraut mit Volksmusik, was sich im Repertoire dieses Albums widerspiegelt. Die auf dem Thema von Händel aufbauende Passacaglia ist wohl sein weltweit bekanntestes Werk, das (wie auch alle anderen Arrangements) von Tormod Tvete Vik für Hardangerfiedel und Cello arrangiert wurde. Allen Komponisten ist die Inspiration gemeinsam, die sie in der Volksmusik fanden.
Als spannende Ergänzung zu den Stücken der erwähnten Komponisten finden sich auf Røta auch vier verschiedene traditionelle Rhythmen aus der Heimat Ragnhild Hemsings: eine Volksmelodie in der „Myllarguten“-Tradition, eine „Springar“ im 3/4-Rhythmus und eine „Halling“ im 2/4-Rhythmus, die aus Valdres stammt – der Region, in der Hemsing aufwuchs. Das bekannte Volkslied Allt under himmelens fäste („Alles unter dem Firmament“) bildet den Abschluss des Albums.
Malerische Landschaftsbilder, melancholische Melodien und die vielfältige rhythmischen Besonderheiten verschiedener Tanzmelodien sind Ausdruck der besonderen und traditionsreichen Musik Norwegens – der Musik, die Hemsing sehr am Herzen liegt: „Norwegen war 1850 eine Nation, die plötzlich aufwachte und erkannte, dass sie eigenes musikalisches Erbe und eigene Komponisten hatte, die die nächsten Jahrzehnte mit großartiger Musik füllen würden und internationale Anerkennung fanden.“
Ragnhild Hemsing
Als besonders vielseitige Künstlerin sticht Ragnhild Hemsing unter Norwegens aufstrebenden Talenten hervor. Seit ihrer Kindheit ist sie tief mit der reichen Volkstradition ihres Heimatlandes Norwegen verbunden. Dies ermöglicht es ihr, als eine der ersten Künstlerinnen, die typischen Merkmale der norwegischen Volksmusik und der klassischen Musik auf jugendliche, frische und vollkommen moderne Weise erfolgreich miteinander zu verbinden.
Mit nur 14 Jahren debütierte Ragnhild sowohl beim Bergen Philharmonic Orchestra als auch beim Trondheim Symphony Orchestra mit Mendelssohns Violinkonzert. Seitdem hat sie mit allen großen norwegischen Orchestern gespielt.
Ihr umfangreiches Repertoire an klassischen Solowerken für Violine ergänzt sie mit unbekannteren, komplexen Werken für die traditionelle Hardangerfiedel.
Hemsings bedeutendste zeitgenössische Kooperation ist ihre Arbeit mit dem norwegischen Choreographen Hallgrim Hansegård am Stück Yr. Das Werk für Solovioline stammt aus der Feder des jungen norwegischen Komponisten Lasse Thoresen. Es wurde durch die beiden Künstler überall in Norwegen aufgeführt und ist Teil von Hemsings Solo-Debut-CD. Dieses Album und ihre Aufnahme von Halvorsens Fossegrimen op. 21 mit dem Bergen Philharmonic Orchestra und Neeme Järvi erhielten von der internationalen Fachpresse großen Zuspruch. Infolgedessen lud Järvi Hemsing ein, im Februar 2012 beim Estonian National Symphony Orchestra zu debütieren. Weitere wichtige Debüts der letzten Jahre umfassen u.a. Konzerte mit den Göteborger Symphonikern, der NDR Radiophilharmonie Hannover, dem MRD-Sinfonieorchester (Kristjan Järvi), den Nürnberger Symphonikern, dem Philharmonischen Orchester Freiburg, dem Residenzorchester Den Haag, dem Philharmonischen Orchester Tampere (Santtu-Matias Rouvali), dem Belgischen Nationalorchester, den Düsseldorfer Sinfonikern, sowie Auftritte im Kennedy Center in Washington D.C., der Tonhalle Düsseldorf, der Tonhalle Zürich, beim Beethovenfest Bonn, dem Risør Chamber Music Festival und bei den Schwetzinger SWR Festspielen.
Nach ihrem erfolgreichen Debut beim Beethovenfest Bonn 2013, erhielt Ragnhild Hemsing den renommierten Beethoven-Ringpreis, der vom Verein „Bürger für Beethoven“ vergeben wird.
Gemeinsam mit ihrer Schwester Eldbjørg Hemsing und den Trondheim Soloists spielte sie die Weltpremiere von Lasse Thoresens Sprang bei den Internationalen Festspielen Bergen. Es folgten Auftritte in der St. Petersburger Mariinsky Concert Hall, beim Bashment Festival Omsk, dem Moravian Autumn in Brno und – anlässlich des 25-jährigen Jubiläums der Trondheim Soloists – in Trondheim.
Hemsings letztes Album Northern Timbre erschien 2017 beim Label 2L. Gemeinsam mit dem Pianisten Tor Espen Aspaas interpretiert sie darauf Werke von Grieg, Sibelius und Nielsen.
Nicht nur bei den großen Musikfestivals ihrer Heimat, sondern auch im norwegischen Radio und TV ist Ragnhild Hemsing sehr präsent. Mit Eldbjørg Hemsing nahm sie eine einstündige Dokumentation über das Leben des berühmten norwegischen Violinisten Ole Bull auf, die mit dem EBU-Preis ausgezeichnet wurde. In 2013 gründete Ragnhild Hemsing das Hemsing Festival. Das Kammermusikfestival findet jedes Jahr im Februar in ihrer Heimatstadt Valdres statt. Mehr Informationen finden Sie unter: www.hemsingfestival.com.
Ragnhild Hemsing wurde 1988 im Herzen Norwegens geboren. Mit fünf Jahren begann sie Geige zu spielen. Sie studierte am Barratt Due Musikinstitut in Oslo und anschließend bei Professor Boris Kuschnir in Wien. Sie spielt auf einer von Francesco Ruggeri (Cremona, 1694) gebauten Violine, einer Leihgabe der Stiftung Dextra Musica.